Setzt Jogi Löw bei der kommenden Fußball-Weltmeisterschaft wieder einen modischen Trend? 2010 schossen die Verkaufszahlen blauer Strickpullover mit V-Ausschnitt durch die Decke. Die Nachfrage war enorm, aber der Handel war darauf nicht eingestellt. Probleme wie diese können Microfactories lösen – sie machen eine Produktion von Bekleidung in räumlicher Nähe zum Kunden möglich.
Der blaue Strickpullover, den Joachim Löw bei der Fußball-Weltmeisterschaft 2010 in Südafrika trug, wurde zum Glücksbringer für die deutsche Nationalmannschaft. Im Handel stieg der Verkauf blauer Pullover mit V-Ausschnitt massiv an – es gab mancherorts sogar Wartelisten. „Die Trends für die verschiedenen Modesaisons werden lange im Voraus von der Bekleidungsindustrie festgelegt – der Handel kann bislang auf Nachfragen, die so sprunghaft ansteigen, wie man es mit dem blauen Löw-Pullover 2010 erlebt hat, kaum reagieren“, sagt. Dr. Andreas Seidl, geschäftsführender Gesellschafter der Human Solutions Gruppe.
Lange Reaktionszeiten hemmen Umsätze
Die Entwicklungszyklen von Bekleidung erstrecken sich über mehrere Monate. Nur sehr wenige deutsche Unternehmen produzieren überhaupt in Deutschland, so dass selbst bei einer eilig anberaumten Nachproduktion noch geraume Zeit vergeht, bis eine Lieferung tatsächlich im Land ankommt, um dann weiter in die Läden verteilt zu werden. Im Fall von Jogi Löws Pullover hätte der Handel mit kürzeren Reaktionszeiten deutlich höhere Umsätze erzielen können.
Digitalisierung sorgt für schnellere Prozesse
Inzwischen existieren die technischen Möglichkeiten, um den Entstehungsprozess von Mode deutlich zu beschleunigen – die Digitalisierung der Branche ist in vollem Gange. Im Prinzip lässt sich fast bei jedem einzelnen Prozessschritt Zeit einsparen. Die Schlüsseltechnologie für eine schnellere Produktentwicklung in der Bekleidungsbranche ist 3D. „Die ersten Unternehmen nutzen 3D-Simulationen insbesondere für die Mustererstellung“, erklärt Seidl. „3D macht es möglich, ein Bekleidungsstück, dessen Schnitt am Computer konstruiert wurde, direkt dreidimensional sichtbar zu machen. Das geht deutlich schneller, als wenn erst ein Muster genäht werden muss. Änderungen, wie eine andere Farbe oder ein anderer Ausschnitt, können dann mit wenigen Klicks direkt vorgenommen werden.“
Microfactories: Schnell und nah am Kunden produzieren
Um auf kurzfristige Engpässe durch sprunghafte Anstiege in der Nachfrage zu reagieren, können Microfactories eine Lösung sein. Sie bieten sich für die schnelle Produktion in räumlicher Nähe zum Kunden an, insbesondere auch für individuell gestaltete Bekleidung, und machen die Produktion auch bei Losgröße 1 rentabel. Hier kann ein Kunde mittels einer 3D-Simulation ein Kleidungsstück nach seinen Wünschen entwerfen. Er gestaltet beispielsweise einen Pullover und entscheidet über dessen Produktion und Erwerb anhand einer fotorealistischen Simulation. Ist er mit seinem Produkt zufrieden, kann die Produktion direkt starten.
„Wir haben die Microfactory für die Herstellung individueller Laufshirts bereits auf mehreren Messen gezeigt und werden bei unserem Fashion Forum in München die erste Microfactory für Strick realisieren. Damit zeigen wir die Möglichkeit, wie ein Pullover nach individuellen Wünschen innerhalb von wenigen Stunden entstehen kann“, sagt Seidl.
Angelika Methner
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